Börsenbeben: Ernste Anzeichen für einen Wirtschaftseinbruch

Der Hamburger Hafen ist der Umschlagplatz Nummer 1 in Deutschland. Quelle: iStock/pixabay

Gute Laune haben die Vertreter der großen Wirtschaftsverbände wie DIHK oder BDI eigentlich nie. Selbst im schönsten Aufschwung finden sie tausende Dinge, warum die Situation nicht allzu rosig ist. Viel objektiver wird die Lage zumeist von Finanzmarktexperten beurteilt. Sie schauen sich etwa die Zahl der Auftragseingänge oder die Zahl der Rechnungen an und beurteilen danach die Konjunkturentwicklung.

Der Konjunkturindex des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), der aus der Befragung von 152 Analysten erstellt wird, ist daher ein guter Frühindikator, wie es der deutschen Wirtschaft tatsächlich geht. Seit Juli 2023 ist der Index von minus 14 auf 47,5 Punkte im Juni 2024 kontinuierlich gestiegen. Das war ein klares Zeichen, dass es mit der Wirtschaft wieder bergauf geht.

Der ZEW-Konjunkturindex ist im April eingebrochen

Umso beunruhigender ist die aktuelle Erhebung, die den Titel „Konjunkturerwartungen brechen ein“ trägt. Sie liegen im August mit plus 19,2 Punkten um 22,6 Punkte unter dem Vormonatswert. Einen ähnlich starken Rückgang der Erwartungen gab es zuletzt im Juli 2022. „Die Konjunkturerwartungen für den Euroraum, die USA und China fallen ebenfalls deutlich. Dadurch fallen bei den deutschen Branchen insbesondere die Erwartungen der exportintensiven Sektoren“, kommentiert ZEW-Präsident Achim Wambach die Ergebnisse.

Ein Index zu Angst und Gier

Das Börsenbeben der Vorwoche, als die Leitindizes in den USA, in Japan und Deutschland auf Talfahrt gingen, dürfte also handfeste wirtschaftliche Gründe haben. Ein guter Stimmungsindikator für die Börsenlage ist der sogenannte „Fear and Greed Index“ (deutsch: Angst-und-Gier-Index) von CNN, der anhand verschiedener Kennzahlen wie Marktdynamik, steigende und fallende Aktien oder Wetten auf Termingeschäfte eine Bewertung des Aktienmarktes auf Basis der Emotionen Angst und Gier vornimmt. Dabei ist null die vollkommene Angst und 100 die ultimative Gier, wobei bereits Werte unter 25 oder über 75 als extrem gelten, schreibt das Handelsblatt und verweist auf weitere interessante Indikatoren wie den V-Dax.  Aktuell liegt der Wert laut CNN bei 26, es ist also Vorsicht geboten.

Quelle: www.deltavalue.de

Doch was sind nun die Gründe für den erwarteten Konjunktureinbruch. In den Medien wird immer wieder der Nahost-Konflikt zwischen Israel, der Hamas und Iran genannt. Doch an einer Eskalation haben weder die USA noch die anderen großen Mächte der Region wie Saudi-Arabien und die Golfstaaten Interesse. Es ist unwahrscheinlich, dass dieser Konflikt die Weltwirtschaft ins Trudeln bringt.

Ölpreis ist deutlich gesunken, die Nachfrage ist schwach

Interessanter ist aus meiner Sicht der Blick auf die Tankstellenpreise. Der Liter Diesel kostet in Deutschland vielfach weniger als 1,60 Euro je Liter – trotz gestiegener CO2-Steuer. Der Grund: Die Ölpreise sind enorm unter Druck. Offenbar sinkt die weltweite Nachfrage. Das ist ein sehr verlässliches Zeichen, dass es nicht rund läuft.

Für Europa und die USA gilt, dass die hohen Zinsen, gepaart mit einer weiter schwachen Nachfrage, zunehmend Unternehmen in Bedrängnis bringen. Die Insolvenzen im deutschen Einzelhandel wie zuletzt von Galeria und Esprit sind nur ein Zeichen. Auch bei den großen Dax-Konzernen sind die Gewinne unter Druck. Doch mit einer Senkung der Zinsen könnten die Notenbanken hier gegensteuern.

Geht der Wirtschafteinbruch von China aus?

Viel entscheidender dürfte die Entwicklung in China sein. Der Staat hat mit riesigen Investitionsprogrammen die Wirtschaft aus der Corona-Krise geholt. Doch nun läuft dieser Effekt aus. Im zweiten Quartal ist die chinesische Wirtschaft nach offiziellen Angaben nur noch um 4,7 Prozent gewachsen. Das ist für diesen Wirtschaftsriesen ein sehr niedriger Wert. Das Platzen einer Immobilienblase, Überkapazitäten etwa im Automobil- und Solarsektor und ein nachlassender Konsum stellen das Land vor enorme Herausforderungen.

 Bisher gingen alle großen Wirtschaftskrisen von den USA aus. Vielleicht stehen wir nun erstmals vor einer Krise, die von der Volksrepublik ausgelöst wird. Noch ist es zu früh, um sicher zu sagen, dass ein weltweiter Wirtschaftseinbruch droht. Nach Ende des Sommers könnten sich die Märkte auch fangen. Indikatoren wie den ZEW-Index und den Fear and Greed Index sollte aber jeder genau beobachten, der sich frühzeitig selbst ein Bild von der Lage machen möchte.

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